Dritter im Dauerregen

Während meine faule kleine Schwester am Sonntag angeblich bis um halb zwölf geschlafen hat, musste ich mich schon um sechs Uhr aus dem Bett quälen. Wir wollten  nämlich zum Rennen in Bad Doberan, und das ist echt weit weg. Mit dem Auto braucht man etwa zwei Stunden. Als wir fertig gefrühstückt hatten, torkelte ich schlaftrunken zum Auto, wo ich sofort einschlief. Ich hatte ehrlich gesagt überhaupt keine Lust, im strömenden Regen durch irgendwelche Schlammpfützen zu rasen, lieber wollte ich noch ein paar Stunden schlafen.
In Bad Doberan ging dann alles los wie immer. Beim Einfahren wollten mich die Streckenposten mal wieder auf die U13-Runde schicken. Und wer glaubt, dass wir nach einer vergessenen Startnummer und einer vertauschten Startnummer mittlerweile vor dem Rennen alles richtig machen, der irrt sich: Dieses Mal vertauschte Papa unsere Transponder. Das kam aber erst hinterher raus und war nicht so schlimm. Und auch der Rennstart lief dann leider mal wieder nicht so gut. Ich kam am Anfang nicht richtig ins Pedal, das muss ich echt noch üben. Wenigstens ein paar Fahrer konnte ich dann noch in ersten Runde überholen, ich kam aber trotzdem erst als siebter oder so in die zweite Runde. Am Ende der ersten Runde war da nur leider so’n Kerl, der mit einer Glocke geläutet hat, so, dass ich dachte, wir müssen nur zwei Runden fahren (die Glocke wird ja eigentlich als Signal für den Beginn der letzten Runde benutzt). Das hat mich ein bisschen verwirrt, denn zwei Runden schienen mir dann doch etwas zu wenig.
In der zweiten Runde konnte ich dann noch zwei Fahrer einholen und habe mich auf den fünften Platz vorgekämpft. Auch der vierte Platz rückte immer näher in Sichtweite. Am Anfang der dritten Runde flog mir dann ein halbes Kilo Matsch ins Auge, jedenfalls konnte ich die nächsten 300 Meter nichts sehen und musste die ganze Zeit blinzeln. Irgendwie hab‘ ich’s aber doch geschafft, dass der Klumpen nicht mehr in meinem Auge war. An den Hürden habe ich natürlich in jeder Runde wieder total viel Zeit verloren, ich bin einfach zu klein, na ja, da ist noch Luft nach oben, denke ich. Dafür konnte ich an den Steigungen total viel herausholen und kam immer näher an die Fahrer vor mir ran. Etwa auf halber Strecke überholte ich dann zwei Fahrer, denen an den Steigungen die Puste ausging und konnte meinen Vorsprung sehr schnell vergrößern. Dann bin ich leider in einer schlammigen Kurve weggerutscht und hab‘ mich hingepackt. Ich hab‘ mir nichts getan aber mein ganzer Vorsprung (und mein Trikot) war hinüber. Ich konnte zum Glück schnell weiterfahren, so dass mich niemand überholen konnte, meine Gegner klebten mir nun aber so was von am Hinterrad, dass ich sie schon hinter mir hecheln hörte. Zu meinem Glück kam kurz vor Schluss noch eine fiese Steigung, an der ich die Fahrer hinter mir endgültig abschütteln konnte. Am Ende bin ich dann dritter geworden, womit ich sehr zufrieden bin, langsam taste ich mich da ran, vielleicht habe ich trotz des blöden Starts der Rennserie sogar ’ne Chance auf den vierten oder fünften Platz in der Gesamtwertung. Komisch war nur der Preis, den alle Fahrer gewonnen haben: ein Sechserträger mit Mineralwasser mit Kirschgeschmack.
Die zwei Stunden Wartezeit zwischen meinem Rennen und dem von Papa verbrachte ich mehr oder weniger damit, ungefähr zehnmal zum Auto zu rennen und ihm irgendwas zu besorgen. In seiner Aufregung fielen Papa immer mehr Dinge ein, die ich für ihn holen sollte, mal die Brille, mal die Wechselklamotten, dann sollte die Pumpe wegbringen und so weiter. Papa hat sich währenddessen schon mal auf der Rolle warmgefahren, richtig genützt hat ihm das aber auch nicht, er hat ja immer noch diese Probleme mit seinem linken Bein. Gestern war es dann richtig doll, und Papa musste schon nach der zweiten Runde aussteigen. Ich hab‘ dann versucht, ihn ein bisschen zu trösten, richtig funktioniert hat’s nicht. Na ja, im Sommer läuft’s besser.
Ich würde gerne mehr Fotos zeigen, die meisten sind aber nichts geworden, mal hab‘ ich statt auf den Auslöser auf den Aus-Knopf gedrückt, mal habe ich aus Versehen meine Schuhe gefilmt, ich kann’s einfach nicht, das Fotografieren, ich glaube, das liegt in unseren Genen.
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