Mallorca, Tag 10: Finale

Heute morgen wachte ich auf und wusste: Es wird ein guter Tag. Abgesehen von einem schmerzhaften Pickel am Arsch einer kleinen Hautirritation fühlte ich mich in Top-Form. Na ja, etwas zerstochen bin ich (Bettwanzen??? Oder doch nur Mücken? Hoffen wir das Beste). Aber: Ein Ruhepuls von gerade 50 und Beine wie Eddy Merckx, der Kannibale, das spürte ich sofort. Bereit, ein paar Jungs zu fressen. Für den letzten Tag hatte ich mir für die U15er eine feine Strecke von gut 70 Kilometern ausgedacht, die nach etwa zwei Dritteln hoch zum Puig d’Inca führen sollte. Dort würde ich sie ausknocken. Ich wusste, dass ich die Stinker heute erstmals nass machen würde, ganz egal, ob links wieder nur 30 Prozent gehen würden – heute würde das rechte Bein alles aus dem Feuer holen.

Die Anfahrt gestalteten wir zwar locker, legten aber immer wieder ein paar schnellere Passagen ein, trafen sogar auf eine nette Gruppe mit extrem schönen Trikots (Hallo, RG Uni!), und erreichten nach ein paar kleinen Zwischenfällen (eine lose Schuhplatte, eine verlorene Satteltasche) den Fuß des Anstiegs. Schnell die Beinlinge ausgezogen und hinter einer Mauer deponiert.

Ich wusste: Heute ist der Tag.

Also bot ich Noah zehn Euro an, falls er vor mir oben sein sollte. Andernfalls müsste er natürlich MIR die Penunsen geben. Der Feigling lehnte ab, zwar hin- und hergerissen (ich kenne ja den – seltenen – Gesichtsausdruck, den er hat, wenn er mal nachdenkt) – aber am Ende traute er sich nicht. Wahrscheinlich war er einfach beeindruckt von der brutalen Entschlossenheit und dem aus jeder Pore ausgeschwitzten Selbstbewusstein seines Vaters.

Nach der ersten geraden Rampe wird’s ja kurz mal etwas steiler, jenseits der zehn Prozent. Dort verschärfte ich erstmals das Tempo etwas. Es lief. Auf dem Tacho standen immer wieder Werte jenseits der 300 Watt. Zahlen, die ich in den vergangenen Tagen nie fast nie selten nur manchmal zu Gesicht bekommen habe. Wie der junge Fignon (ja, Jungs, googeln!) drückte ich die Kehren hoch, hatte immer noch ein paar Extra-Watt, um die steileren aber kürzeren Kurvenradien zu nehmen. Ich frohlockte. In meinem Hinterkopf gaben die Trompeten von Jericho ein Exklusivkonzert. So gut fühlte ich mich in diesem ganzen Trainingslager nicht. Noch eine Tempoverschärfung, ich war beinahe bereit für das große Blatt.

Auf halber Strecke dann griffen Noah und Daniel an (Jasper wollte sich wegen seines Rennens am Sonntag schonen und war hinter uns geblieben). Die Mistkerle fuhren mir einfach weg. Ein Rückschlag, sicher. Fünf Meter, zehn Meter, zwanzig Meter – dann fand ich zu innerer Stärke zurück und konnte den Rückstand wenigstens einfrieren. Wartet nur, Burschen, rief ich ihnen innerlich zu – auf dem flacheren Stück rund um den ersten Parkplatz würde ich sie schon wieder auffahren, mit Überschusstempo überholen, und dann würden sie dumm aus der Wäsche gucken!

Nun kam es jedoch so, dass die Stinktiere Jungs ihren Vorsprung auf dem Flachstück massiv ausbauten. Gut, ich hatte eine klitzekleine Krise, drei, vier Umdrehungen, die ich rausnehmen musste, gnadenlos ausgenutzt von diesen parasitären Schmarotzern. Als ich dann sah, dass die beiden im letzten steileren Stück nochmals beschleunigten und sich einen Fight lieferten (und ich ihnen ohnehin völlig egal war, längst abgeschriebenes Altmaterial), nahm ich dann auch raus und kam mindestens 20 Sekunden nach den beiden oben an.

Ich bemühte mich, gute Laune vorzuspielen.

Ich könnte jetzt noch erzählen, wie ich den Jungs auf dem Rückweg durchs Schilf noch eine Fünf-Kilometer-EB-Einheit aufgenötigt habe und versucht habe, sie von vorne aus den Schuhen zu fahren, gegen den Wind und streckenweise mit deutlich mehr als 350 Watt auf dem Pedal. Mache ich aber nicht. Die Jungs klebten wie mit Pattex hinten dran, und Daniel besaß noch die Chuzpe, mich am Kraftwerk zu übersprinten.

Ich bin also durch mit diesem Trainingslager. Aber, hey: Es war sensationell! Gerne und immer wieder. Morgen kommt dann mal eine kleine Zusammenfassung. Also: stay tuned!

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