Mallorca: was weiß ich für ein Tag, ich bin müde

In anderen Familien, also: in allen anderen Familien bekommen die Kinder spätestens zum 18. Geburtstag ein tonnenschweres Fotobuch und dazu eine Festplatte mit den Bildern und Videos vom Kreissaal und dem ganzen Kram, der dann folgt: Schnullerfotos, erster Kindergartentag, erster Schultag, erstes Fahrrad, alle Geburtstage, Konfirmation und so weiter.

Unsere Kinder haben da die Arschkarte gezogen nicht. Wir können nicht fotografieren. Jeder Schimpanse Banana Kong, dem man eine Digicam in die Hand drückt, macht bessere Bilder als ich. Und von meiner Frau – der besten von allen – müssen wir in dieser Hinsicht nicht reden. Es ist mir auch nicht wichtig. Ich habe die Bilder im Kopf. Aber ich werde natürlich zerknirscht einsichtig sein, wenn die Kinder sich eines Tages beschweren werden.

Auch von diesem Trainingslager gibt es quasi keine Bilder, zumindest von mir nicht (zum Glück sind die anderen da besser, es folgen sicher noch tolle Fotos). Außerdem hat Noah eine GoPro-Kamera am Lenker. Ich hoffe, dass der wunderbare Service von http://www.film4you.com ein Monstervideo aus all seinen Filmen macht, die ich mir jeden Nachmittag anschauen muss darf. Darauf würde man dann dank des extremen Weitwinkels auch sehen, wie der arme Kerl aufs große Blatt schaltet, indem er mit der RECHTEN Hand quer über den Lenker greift, um den linken Hebel zu ziehen. Ihm fehlt halt die Kraft in den Fingern der linken Hand.

Jedenfalls haben sich die beiden Trainer heute etwas besonders Anstrengendes einfallen lassen: Nach einer 20-Kilometer-Anfahrt Richtung Santa Margalida ging es auf eine sehr kuppige Sechs-Kilometer-Runde, die die U15-Fahrer viermal und die U19er gefühlte 50-mal fahren sollten. Nach der ersten Runde fand ich mich mit Jasper und Noah und dem U19-Crack Jan wieder (der dann aber irgendwann unwiderstehlich von dannen zog) – und versuchte fortan, an jeder der ätzenden Kuppen die beiden U15-Stinker abzuschütteln, was mir trotz über mehrere Minuten getretenen 350 Watt nicht gelingen wollte. Die Stinktiere klebten mir wie mit Pattex angeleimt am Hinterrad und waren auch noch so hässlich, mich recht häufig kurz vor der Kuppe anzugreifen und gar zu überholen. Ich bin also durch mit diesem Sport. Erst recht, weil ich Jaspers Schlussspurt auf leicht ansteigender Straße nichts entgegensetzen konnte. Ich bin, sehen wir es, wie es ist: `ne Null.

Noah hat mir heute Freudentränen in die Augen getrieben, nicht nur, weil er mein Sohn ist, sondern weil er brutal gekämpft hat, um nicht abzufliegen – und das toll geschafft hat. Irre, der Typ. Ich selber habe dann noch gute 50 KM dran gehängt und sah mein ohnehin angeknackstes Selbstbewusstsein dann noch kurzzeitig final zerstört, aber an der blöden Kuppe kurz vor Pollenca war es dann bei näherem Hinsehen ein E-Bike-Fahrer, dem ich mich trotz seiner 90 o-beinigen Kilo nur mit Mühe nähern konnte.

Am späten Nachmittag überfiel Noah und mich dann der Lagerkoller wie ein wildes Tier. Also auf den Wunsch eines Einzelnen hin ab ins Auto, nach Pollensa und in die BESTE, BESTE, BESTE TAPAS-BAR im Norden der Insel. Im C’an Moixet , direkt am Marktplatz, wird man glücklich (wenn man damit klar kommt, dass sonst nur Insulaner da sind und dort Fernsehen gucken).

Und da hab ich dann doch noch ein Foto gemacht.

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