Pyrenäen: Tourmalet und Co.

Die Pyrenäen nötigen einem Hartnäckigkeit und Langmut ab. Es ist nicht so, dass man hinfahren kann, und alles ist gut. Nach zwei Urlauben (2011 und 2014), die man als eher verregnet bezeichnen muss, waren wir uns zwar jeweils einig, hier nie wieder hin zu fahren – andererseits ist die Landschaft so atemberaubend und so viel anders als in den Alpen, dass wir das Gefühl hatten, noch nicht fertig zu sein mit der Ecke. Und in diesem Jahr werden wir endlich belohnt. Das Wetter ist der Wahnsinn. Keine Wolke am Himmel, am dritten Tag in Folge – und auch die nächsten Tage werden wunderbar. Und heiß, bis 32 Grad.

Mit Hitze hat es Eisenwade ja nicht so. Gestern sind wir eine kleine 55-Kilometer-Runde gefahren, eher flach (so weit man das hier sagen kann) und möglichst schattig (na ja), im Grundlagentempo. Ich hörte Eisenwade dennoch hinter mir ächzen und begann, ein paar Karma-Punkte zu sammeln, in dem ich möglichst wenig trank, ahnend, dass der Kerl jeden Tropfen unserer drei Flaschen benötigen wurde (jep, so war’s). Und es ist hier ja so, dass man nach jeder Tour noch den Hautacam-Pass etwa 5 Kilometer hinauf fahren muss, um unter die Dusche und an den Kühlschrank zu kommen. Im Schlussanstieg konnte ich dann auch mal kurz zeigen, wo der Hammer hängt und war klar schneller, und das bei nur 0,4 Litern Wasser, die mir insgesamt zur Verfügung standen. War wahrscheinlich nicht ganz so vorschriftsmäßig, aber was sollte ich tun? Und: Es ging ja. Gute Vorzeichen für den Tourmalet, der heute auf dem Programm stand! Schnell ins weiße T-Shirt geschlüpft (letztes Bild) und ein zwei drei Schlummifix-Bierchen. Dann ging ich ins Bett und fühlte mich wie Froome.

Als Zugeständnis an den hitzeschwächelnden Kerl sind wir um 7.30 aufgestanden (allerdings nicht mehr wie Froome, sondern wie Gummibein) und saßen um 8 im Sattel. Schattige Abfahrt runter, dann durch das wunderschöne aber auch recht befahrene schluchtartige Tal hinauf nach Luz St. Sauveur, dort einmal links um die Ecke, und schon beginnt der erste von insgesamt 18,5 Kilometern Anstieg.

Der Tourmalet ist zwar der höchste, aber sicher nicht der schönste Pass, und ziemlich viele Autos fahren hier auch. Wir hatten deshalb verabredet, zunächst beieinander zu bleiben, zumindest, bis das Begleitfahrzeug uns eingeholt haben würde. Frau und Tochter waren dankenswerterweise ebenfalls früh aufgestanden und hatten uns 45 Minuten Vorsprung gegeben. Etwa 10,5 Kilometer vor der Passhöhe hatten sie uns dann. Bis dahin war es bei mir ganz gut gelaufen. Ich hatte etwas Sorge, dass ich dem Kleinen zu schnell fahre und konnte auch meine Leistung nicht kontrollieren, weil die Batterien meiner Rotor-Kurbel mal wieder leer sind (eben sind neue angekommen, Amazon sei Dank). Jedenfalls donnerte ich so Sky-mäßig in den Berg hinein, den Mann in Gelb hinter mir, begleitet von einem monumentalen Orchester in meinem Kopf, das so was in der Richtung „Freude schöner Götterfunken“ spielte – bis ich von hinten (gefühlt mit leicht murrendem Unterton) hörte, dass alles sei gerade eigentlich „ein bisschen langsam“ und überhaupt stünden nur 130 Watt auf Eisenwades Tacho.

Fuck.

Zum Glück kamen dann die Frauen.

Ich ließ ihn also ziehen und kämpfte die verbleibende Stunde alleine. Ich muss sagen: Früher ging der Berg besser. Ich habe keine Ahnung, wie viel Watt ich treten konnte, schätze aber, das waren klar unter 250. Von Luz aus bin ich zwar unter 1:30 h geblieben, ich erinnere aber, dass ich von der anderen Seite (1 km kürzer) mal in 1:12 hinauf bin. Das sind Welten. Dennoch hat’s Spaß gebracht, und oben (ich kam etwa fünf sechs 6:04 Minuten nach Eisenwade an) gab’s das obligatorische Foto.

Während der Kleine dann ins Auto durfte, hatte ich mir die große Runde zurück vorgenommen. Aber etwas zu liederlich geplant. Hinter Bagnères de Bigorre hatte ich mir eine Strecke rausgesucht, die gleich über zwei kleine Pässe führte, zwar nur jeweils 3 Kilometer lang, aber auf 2,5 Meter breiten Straßen, die auf voller Länge Steigungsprozente zwischen 14 und 20 (!) aufwiesen, bei nunmehr 32 Grad. Und weil ich entnervt nach einem zusätzlichen Ritzel suchte (war aber keines mehr da) und mir dabei den Umwerfer in die Speichen haute, das Ausfallende verbog und von da an die beiden letzten Ritzel gar nicht mehr schalten konnte, rettete ich mich irgendwie fluchend den über mir in den Hügeln hängenden Dörfern Unflätiges zurufend mit einem lustigen Lied auf den Lippen zum Anstieg nach Hautacam, an dessen Fuß mich die wunderbare Frau nach genau 100 Kilometern Fahrt dann einsammelte – nur mit dem 23er wäre ich da einfach nicht hinauf gekommen.

Fahrrad ist inzwischen gerichtet. Morgen ist Ruhetag, also: Bergwandertag.

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